Obstgarten & Obst Erdbeeren - Sorten, Anbau und Pflege

Sind Erdbeeren Nüsse, Obst oder Gemüse?

Erdbeeren

Es ist gar nicht so sicher, dass die Erdbeeren zum Obst gehören. In Wirklichkeit sind hier nämlich Nüsse mit im Spiel, und damit wäre es durchaus auch denkbar, die Erdbeeren als Gemüse einzuordnen. Genaueres zur Einordnung der Erdbeeren und manch anderes zur Erdbeerpflanze, das für Gärtner interessant ist, erfahren Sie in folgendem Artikel.

Botanische Sichtweise

Erdbeeren entstehen durch eine fast wundersame Entwicklung, und um die Früchte der Erdbeerpflanze handelt es sich genau bei dem Teil, den wir so gerne essen, nicht.

Eine Erdbeere entwickelt sich aus den Blüten einer Erdbeerpflanze, genauer gesagt, aus deren Blütenboden. Diese Entwicklung beginnt mitten im Inneren der Pflanze, lange vor dem Austrieb. Im Vegetationskegel der Erdbeerpflanze wird aus Meristem-Zellen der erste Blütenstand angelegt. Aus ihm wird später die größte Erdbeere, die sogenannte A-Frucht. Meristem-Zellen sind eine Art Stammzellen der Erdbeerpflanze, undifferenzierte Zellen, aus denen grüne Blätter oder weiße Blütenblätter oder rotes Erdbeergewebe werden kann. Ähnlich wie aus einer menschlichen embryonalen Stammzelle Haut oder Niere oder Fußnagel oder Ohr werden kann. B-Früchte und C-Früchte werden auch gleich angelegt. Sie werden kleiner als die A-Frucht bleiben, wir reden hier aber noch von „zukünftigen Früchten“, auch dieser Prozess läuft noch für uns unsichtbar ab.

Erst wenn die Erdbeerpflanze im Frühjahr mit der Vegetation startet, entwickeln sich ihre Pflanzenteile, ganz gemäß ihrer vorherigen Bestimmung. Erst treiben die Blätter aus, dann kommen die Blütenknospen, Blatt- und Fruchtstiele werden länger. Die Blüte der Erdbeerpflanze besteht aus mehreren komplizierten Teilen. Wichtig für Naschmäuler ist nur der Blütenboden. Der Blütenboden ist das runde, gelblich bis hellgrüne, auch bei der Blüte schon leicht aufgewölbte „Kissen“ in der Mitte der Blütenblätter.

Erdbeeren Aus diesem Blütenboden entwickelt sich nämlich die Erdbeere. Er wölbt sich immer weiter nach oben und verändert die Farbe von hellgrün zu rot. Die saftige, leckere Erdbeere ist fertig. Bloß dass sie weder eine Beere noch die eigentliche Frucht der Erdbeerpflanze ist, denn in Wirklichkeit sind es die vielen kleinen gelben Fäden auf dem Blütenboden, auf die es ankommt. Die haben sich zu lauter winzig kleinen Nüsschen entwickelt. Jedes einzelne dieser Nüsschen ist eine Erdbeerfrucht, mit der sich die Erdbeerpflanze fortpflanzen kann. Diese Erdbeerfrüchtchen kann man auf der Erdbeere auch noch sehen. Ws sind die kleinen gelben Pünktchen, die in den kleinen Gruben sitzen, mit denen die Oberfläche einer Erdbeere übersät ist.

Und was ist nun das „rote Ding“? Das, was wir als Erdbeere essen, ist eine Scheinfrucht, botanisch eine Sammelnussfrucht, weil viele kleine Nussfrüchte auf einem aufgewölbten roten „Sammelbehälter“ sitzen.

Wenn man die Erdbeere manchmal auch Scheinbeere nennt, ist das ziemlich verwirrend, weil bei Erdbeerpflanzen überhaupt keine Beeren im Spiel sind, noch nicht einmal Scheinbeeren. Sie meinen, die „Scheinbeere“ kommt daher, weil die Erdbeere wie eine typische Beere aussieht? Lassen Sie sich nicht täuschen, auch Bananen, Gurken und Avocados sind Beeren, und zwar echte.

Erdbeeren: Obst oder Gemüse?

Ob diese Nüsse tragenden Scheinfrüchte oder Sammelnussfrüchte nun zum Obst zählen oder als Gemüse betrachtet werden müssen, ist schon fast eine philosophische Betrachtung. Schon im allgemeinen Sprachgebrauch ist alles andere als klar, was Obst und was Gemüse ist. Obst kommt vom althochdeutschen „obez“ = „Zukost“, und so hat man ursprünglich alles bezeichnet, was man außer Fleisch und Brot noch essen konnte, also auch Gemüse. Später wandelte sich dieser Begriff, Obst besteht umgangssprachlich aus Früchten.

Fragaria Womit man zunächst wissen müsste, was eine Frucht ist, und das ist auch alles andere als klar. In der Umgangssprache bezeichnet man nämlich alle Pflanzenteile als Früchte, die Menschen nutzen. Die Wurzel bei der Karotte, die verdickte oberirdische Sprossachse beim Kohlrabi. Neben Obst zählen zu den Früchten also auch die Fruchtgemüse. Unsere Umgangssprache hat der „Frucht“ sozusagen zwei Bedeutungen gegeben.

Für den Botaniker entsteht dagegen eine Frucht immer und nur aus einer befruchteten Blüte und Gemüse aus anderen Pflanzenteilen. Wenn Frucht = Obst ist, sind Auberginen, Avocados, Gurken, Kürbisse, Paprika und Zucchini Obst und Rhabarber Gemüse. Aber das wäre ja schon wieder eine ziemlich klare Einteilung, und die gönnt uns keiner.

Es gibt nämlich noch ein paar Definitionen. Im Bereich der Lebensmittel und der Küche ist Frucht zwar gleich Obst, aber Obst besteht nur aus essbaren, meist saftigen und fleischigen Früchten und Samen mehrjähriger Pflanzen, die man roh essen kann und die durch Süße oder Säure einen eigenen, angenehmen Geschmack haben. Gemüse als Lebensmittel sind einjährige oder nur einmal tragende Pflanzen, die einen geringen Zuckergehalt aufweisen. Sie werden vor dem Verzehr gekocht oder anderweitig zubereitet und dabei im Allgemeinen mit Gewürzen behandelt, um den Geschmack aufzubessern.

Damit ist zunächst fraglich, wo der Nussteil der Erdbeere hingehört, wo überhaupt die Nüsse eingeordnet werden. Botanisch sind sie Früchte, Nussfrüchte und damit Obst. Lebensmitteltechnisch könnten sie aber genauso gut als Gemüse eingeordnet werden, weil Nüsse nicht sehr süß sind und häufig beim Kochen eingesetzt werden. Und überhaupt sind die meisten Produkte, die wir als Nüsse kaufen, noch nicht einmal Nussfrüchte. Cashews sind die Samen der Cashewäpfel, Erdnüsse sind Hülsenfrüchte und Kokosnüsse, Mandeln, Pekannüsse und Pistazien sind Steinkerne einer Steinfrucht.

Wenn Sie jetzt endlich verwirrt genug sind, können wir uns ja an die Einordnung der Scheinfrucht Erdbeere wagen. Die Bezeichnung Nussfrucht in der „Sammelnussfrucht“ spricht botanisch für die Einordnung als Obst, dass es eine Sammelnussfrucht ist, kann uns eigentlich egal sein. Lebensmitteltechnisch kann man die Erdbeere, saftig, fleischig und süß, wohl auf jeden Fall als Obst bezeichnen.

Tipps für Erdbeergärtner

Erdbeeren Blüte Ursprünglich hat die Erdbeere ihre Scheinfrüchte als eine Art Entlohnung für Samentransporteure ausgebildet. Viele unserer Wildtiere essen genauso gerne Erdbeeren wie Sie und ich. Die hartschaligen kleinen Nüsschen durchwandern unversehrt deren Darm und werden weit entfernt ausgeschieden, wo nun eine neue Erdbeerpflanze keimen kann.

Die Erdbeerpflanze hat sich hier eine ganze Armee kleiner Helfer nutzbar gemacht. Füchse und Dachse, Igel und Mäuse und Siebenschläfer, Amseln und Rotschwänze, Schnecken und Käfer. Alle lieben Erdbeeren. Die Reste der angebissenen Früchte schleppen dann die Ameisen in ihren Bau.

Das bedeutet für den Erdbeergärtner, dass er während des Heranreifens der Erdbeeren eine gute Verteidigungsstrategie braucht, wenn noch Erdbeeren bei ihm in der Küche landen sollen. Strategien, um die Erdbeeren zu schützen, gibt es, und zwar viel schlauere als die Abdeckung mit Vogelnetzen. Sie müssten sich nur informieren.

Wie groß die Scheinfrüchte Ihrer Erdbeerpflanze werden, können Sie übrigens in der nächsten Saison selbst vorhersagen. Die Anzahl der im Herbst angelegten Samen bestimmt nämlich die Größe der Früchte, und vorher die Größe der Blütenblätter. Mit Beginn der Blüte können Sie also erkennen, ob Sie mit einer großfruchtigen Ernte oder mit vielen kleinen Erdbeeren rechnen können. Auf die Sorte kommt es allerdings auch noch an, kleinfruchtigere Sorten haben immer kleinere Blüten.

Erdbeeren sind ziemlich vielfältig

Fragaria Erdbeeren sind auch noch in anderer Hinsicht spannend für Gärtner, es gibt nämlich sehr viele unterschiedliche Arten von ihnen:

1. Die Fragaria × ananassa oder F. x magna ist die eigentliche Gartenerdbeere. Diese zur Nutzpflanze herangezogene Kulturerdbeere kommt aus Amerika, obwohl die Fragaria auch in Europa heimisch ist. Die bei uns heimischen Arten bringen jedoch nur winzige Früchte in Größe einer Walderdbeere hervor. Auch wenn man Walderdbeeren bei uns im Mittelalter auf Feldern kultiviert hat, war man deshalb begeistert von der Entdeckung der amerikanischen Scharlach-Erdbeere (Fragaria virginiana) mit größeren Früchten, die Anfang des 18. Jahrhunderts nach Europa importiert wurde. Kurz darauf hat man dann noch die Chile-Erdbeere (Fragaria chiloensis) entdeckt und zu uns verbracht. Sie hatte noch größere Früchte. In der Mitte des 18. Jahrhunderts hatten sich diese beiden Wildformen wiederholt zufällig gekreuzt, so entstand die Gartenerdbeere Fragaria × ananassa. Die nicht umsonst „ananassa“ heißt. Im süddeutschen Raum und in Österreich hat man diese großfruchtige Zuchtform der Erdbeere wirklich „Ananas“ genannt, um sie von der Walderdbeere zu unterscheiden.

Aus dieser Urform der Gartenerdbeere hat man inzwischen über einhundert Sorten gezüchtet. Einmaltragende (ab Juni etwa 4 Wochen) und immertragende, Sorten, die aktuell den Handel dominieren und Sorten, die inzwischen nur noch sehr selten zu finden sind. Und ganz spezielle Sorten wie Hänge-Erdbeeren oder Klettererdbeeren, bodendeckende Erdbeeren oder die Fragaria × vescana. Das ist eine Kreuzung aus Gartenerdbeere Fragaria × ananassa und Walderdbeere Fragaria × vesca.

2. Neben den Kultur-Hybriden sind auch noch einige der ursprünglichen Arten in Kultur und warten nur darauf, von den Hausgärtnern entdeckt zu werden. Da gibt es Chile-Erdbeeren und Moschus- oder Zimterdbeeren. Interessant sind auch die  Aprikosenerdbeere und gelbe Erdbeeren, Himalayaerdbeeren und Monatserdbeeren sowie Scharlacherdbeeren und finnische Knackerdbeeren.

Eines ist also sicher: Langweilen wird sich auch der hingebungsvollste Erdbeergärtner mit seinen Erdbeeren nie. Er kann unglaublich viele verschiedene Erdbeersorten anpflanzen. Sicher sind darunter einige Sorten, von denen die meisten Gartenbesitzer noch nie etwas gehört haben.

Fazit
Erdbeeren sind eigentlich Nüsse, dürfen aber trotzdem zu unseren beliebtesten Obstsorten gezählt werden. Und Erdbeeren sind nicht nur deshalb interessant, sondern Sie haben die Wahl, ob Sie sich im Garten die Lieblingssorte ziehen, die Sie sonst immer kaufen, eine fast vergessene Seltenheit oder eine ganz neue Kulturform anbauen oder sich mit höchst aromatischen Wildformen der Erdbeere beschäftigen.